Weihnachtslieder
Dieser Musikhappen beschäftigt sich mit Advent- und Weihnachtsliedern. In vielen von ihnen ist biblischer Text verarbeitet und durchaus nicht nur aus den Kindheitserzählungen des Lukas- und Matthäusevangeliums.
Elisabeth Birnbaum hat für eine Serie in den kooperierenden Kirchenzeitung Weihnachtslieder auf ihren biblischen Hintergrund untersucht. Einen Ausschnitt davon stellen wir in diesem Musikhappen vor.
Advent
Viele bekannte Advent- und Weihnachtslieder begleiten uns durch den Advent. Einige der schönsten Lieder haben sich am Buch Jesaja inspiriert, und da vor allem an Texten, die ursprünglich an das Gottesvolk Israel im babylonischen Exil gerichtet waren. Am Tiefpunkt ihrer Geschichte, mitten in ihrer dunkelsten Stunde, erhält das Volk die Zusage, dass etwas Neues, Unerhörtes anbricht, dass das Volk wieder aufleben kann, dass eine neue Zeit des Heils beginnt. Diese Zusage aus dem Alten Testament wird oftmals mit den Ereignissen rund um die Geburt Jesu im Neuen Testament verknüpft. So zum Beispiel im Lied „Es ist ein Ros‘ entsprungen“ (GL 243)
„Ros“ meint so viel wie „Reis“, und das ist die altdeutsche Bezeichnung für „Spross“. Aus der Wurzel Jesse, dem Baumstumpf Isais wächst etwas Neues. Isai ist der Vater von König David und dem wiederum wurde ja von Gott verheißen, dass seine Königsherrschaft nicht enden werde. Doch die David-Dynastie hat im Exil ein Ende gefunden – nun, nach dem Exil, soll aus dem schon toten Holz, aus dem „Baumstumpf“ wieder ein Spross sprießen. Darüber spricht Jesaja 11: „Doch aus dem Baumstumpf Isais wächst ein Reis hervor, ein junger Trieb aus seinen Wurzeln bringt Frucht.“ Dieses Reis wird in der zweiten Strophe des Liedes mit Maria gleichgesetzt, die das „Blümlein“ Jesus gebracht hat:
Damit wird das neue Heil auf Christus, „das Blümlein“, bezogen. Dieses Blümlein vertreibt nun (in Strophe 3) die Finsternis.
Allen genannten Jesaja-Texten gemeinsam ist: Das Volk befindet sich in einer dunklen Zeit. Ihm wird etwas Neues, Heilvolles angekündigt. Gerechtigkeit und neues Heil werden ihm zuteil. Die Adventlieder sehen dieses Neue, Heilvolle in Christi Geburt.
King's Singers
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
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Der König
Nicht sehr viele Texte des Alten Testaments sprechen von einem endzeitlichen Messias. Manche erwarten stattdessen das Kommen von Gott selbst, manche andere eine Wiedererrichtung des Königshauses durch einen Nachkommen Davids. Einige dieser Texte wurden erst rückblickend, nach den Ereignissen rund um Jesus, messianisch auf Jesus gedeutet.
Die Adventzeit ist geprägt von der Erwartung der Ankunft des Messias. So werden in manchen Adventliedern das Kommen Gottes und das Kommen Christi in eins gesetzt. Ihm muss ein gebührender Empfang bereitet werden. Königlich stellt man sich den Messias vor, wie zum Beispiel im Adventlied „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“ (GL 218):
Dabei handelt es sich um die letzten Verse von Psalm 24. Im Psalm wird der Einzug Gottes in seinen Tempel (von Jerusalem) darin besungen. Nur wenige dürfen auf den heiligen Berg kommen und ihm dort begegnen. In der revidierten Einheitsübersetzung liest sich das so:
Ps 24,9 Ihr Tore, hebt eure Häupter, hebt euch, ihr uralten Pforten, denn es kommt der König der Herrlichkeit!
10 Wer ist er, dieser König der Herrlichkeit?/ Der HERR der Heerscharen: Er ist der König der Herrlichkeit.
Im Lied wird der Psalm nun auf das Kommen Christi bezogen. Doch dieser König übt seine Regentschaft anders aus als andere Herrscher. Das schildert das Lied in der zweiten Strophe, indem es zu einem anderen Bibeltext wechselt:
Dieser Text geht auf den Propheten Sacharja zurück (Sach 9,9). „Siehe, dein König kommt zu dir. Gerecht ist er und Rettung wurde ihm zuteil, demütig ist er …“. Wer mit diesem sanftmütigen bzw. demütigen Friedenskönig gemeint ist, bleibt bei Sacharja offen. Im Lied ist es Christus.
Rundfunk Jugendchor Wernigerode
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Maria
Besonders viele Advent- und Weihnachtslieder verdanken wir dem Lukas-Evangelium. Hier sollen einmal jene zur Sprache kommen, die Maria und Josef in den Mittelpunkt stellen. Das bekannteste (nicht nur Weihnachts-)Lied ist selbstverständlich das Ave Maria, das zwei Bibelstellen miteinander kombiniert und zitiert. Der Anrede des Engels Gabriel in der Verkündigungsszene: „Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir“ (Lk 1,28), folgt die Anrede der Elisabeth in der Heimsuchungsszene: „Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes“ (Lk 1,42). Hier fügt das Lied noch den Namen des Kindes an, „Jesus“ und richtet eine frei gedichtete Bitte an die Gottesmutter, für uns Fürbitte einzulegen.
Das Kirchenlied „Maria, sei gegrüßet“ (GL 795) berichtet von der Verkündigung des Erzengels Gabriel ab der zweiten Strophe in einer gereimten Nachdichtung. In der ersten Strophe dagegen wird aus Motiven unterschiedlicher biblischer Bücher Maria als Gottesmutter eingeführt. Sie ist der „Morgenstern“ – biblisch bezeichnet sich dagegen Christus selbst als der Morgenstern (vgl. Offb 22,16). Später wurde der Ehrentitel auch an Maria gegeben (z.B. in der Lauretanischen Litanei). „Von jedem Makel rein“ ist ein Zitat aus dem Hohelied: Hier bezeichnet der Liebende des Hoheliedes seine Freundin als schön, ohne jeden Makel. (Hld 4,7). Das wurde später auf Maria bezogen und aus der Frau ohne Schönheitsfehler des Hoheliedes wurde die Frau ohne Befleckung durch die Erbsünde.
Matreier Viergesang
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Die Hirten
Im Lukasevangelium ist natürlich nicht nur die Rede von Maria und Josef, sondern auch von Hirten und Engeln.
Zunächst, so heißt es in Lk 2,9, trat ein Engel des Herrn zu den Hirten und verkündet ihnen die Geburt Christi (2,10–12).
Ein sehr bekanntes Weihnachtslied hat diese Rede des Engels nachgedichtet: „Vom Himmel hoch, da komm ich her“ (GL 237):
Die gute Mär ist selbstverständlich die Geburt Christi. Am Schluss der letzten Strophe „freuet sich“ dann auch „der Engel Schar“. Und gerade diese vielen Engel, die sich um die Krippe scharen und das „Gloria“ anstimmen (Lk 2,14), machen ja einen wichtigen Bestandteil unserer Krippenspiele aus.
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
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Christus der Retter
Die Hauptperson zu Weihnachten ist selbstverständlich Jesus selbst. So besingen viele der bekanntesten Weihnachtlieder vor allem die Tatsache seiner Geburt und die Rettung, die das mit sich bringt. Dass Jesus der Retter, der „Heiland“ ist, weiß schon das Lukasevangelium (Lk 2,11). Auch das Lied „Der Heiland ist geboren“ betont das:
Weitere Lieder mit ähnlicher Botschaft sind „Menschen, die ihr wart verloren“ (GL 245), „In dulci jubilo“, 3. Strophe („Wir warn all verdorben per nostra crimina, da hat er uns erworben caelorum gaudia“) oder das bekannte Lied „O du fröhliche“, wo es heißt: „Welt ging verloren, Christ ist geboren“.
In der zweiten Strophe dieses Liedes kommt noch ein weiterer Gedanke auf: „Christ ist erschienen, uns zu versühnen“. Darin zeigt sich schon das Denken der Paulusbriefe. Die Versöhnung der Menschen mit Gott ist eines der zentralen Themen etwa im Römerbrief: Röm 5,10: „Da wir mit Gott versöhnt wurden durch den Tod seines Sohnes“ oder in 2 Korinther 5,19: „Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat.“ Die Geburt Christi ist also insofern bejubelnswert, weil Christus später, mit seinem Tod, „uns [mit Gott] versühnt“ hat.
Adoro
Augsburger Domsingknaben
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Eva Puschautz