Peter und Paul
Am 29. Juni feiert die katholische Kirche das Hochfest Peter und Paul und damit zwei Männer, die die Botschaft Jesu aus der kleinen Jerusalemer Urchristengemeinde hinaus in die Welt getragen haben. Zwei so bedeutende Figuren des Christentums sind auch musikalisch nicht unbeachtet geblieben. Dieser Musikhappen blickt auf einige musikalische Werke, die von den biblischen Erzählungen um Petrus und Paulus inspiriert sind.
Petrus:
Für Petrus kehren wir zurück zu einem Stück, das schon im letzten Musikhappen zu Pfingsten vorgestellt wurde. Edward Elgars (1857-1934) Oratorium „The Kingdom of the Lord“. Elgars Oratorium erzählt von der Gemeinschaft der Apostel nach der Auferstehung Jesu, von Pfingsten und von Heilungen. Petrus, als leitender Apostel, spielt im gesamten Oratorium eine tragende Rolle. Im ersten Teil erinnert er an das Brotbrechen Jesu und leitet dann die Wahl zum Nachfolger des Judas. Den größten Auftritt hat er im dritten Teil, der das Pfingstfest thematisiert. Elgar hat hier Petrus‘ große, begeistert aufgenommene Rede über den Glauben vertont. Im darauffolgenden Teil beschreibt Elgar eine Heilung eines Lahmen durch Petrus, bevor Johannes und er verhaftet werden. Im letzten Teil sind Petrus und Johannes wieder bei den Jünger*innen und erzählen von ihrer Haft. Das Oratorium endet mit einer Vertonung des Vater Unser.
Hallé Choir
Hallé
Dirigent: Mark Elder
Susan Bickley, Iain Paterson
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
In Passionen kommt Petrus auch immer wieder vor. Allerdings handeln die bekanntesten Arien des Petrus in Passionen meist nicht von seiner Vorrangstellung unter den Aposteln, sondern von seinem Scheitern und seiner Verleugnung Jesu. Johann Sebastian Bach (1685-1750) hat das in seiner Johannespassion eindrücklich vertont: Petrus leugnet drei Mal Jesus zu kennen. Zuerst werden die Ereignisse im Hof des Hohepriesters in Rezitativform erzählt. Der Chor und je ein (Chor-)Solist fragen nacheinander, ob nicht Petrus einer von denen ist, die mit Jesus unterwegs waren. Petrus verleugnet drei Mal. Danach lässt das Cello den Hahn krähen und Bach vertont das Weinen des Petrus, als dieser erkennt, dass er genau das getan, was Jesus ihm wenige Stunden vorher vorhergesagt hatte und wogegen er sich damals entschieden gewehrt hatte. Die darauffolgende Arie des Petrus und der Choral, der den ersten Teil der Passion abschließt, sind nicht biblischer Text, sondern vertiefen und reflektieren den Bibeltext des Rezitativs. Die Stelle ist übrigens ein gutes Beispiel dafür, dass nicht alles in der Johannespassion wirklich dem Johannesevangelium entstammt. Während auch Johannes von der Verleugnung des Petrus berichtet (Joh 18,25-27), entstammt die Version, in der Petrus drei Mal verleugnet und anschließend weint, dem Matthäusevangelium (Mt 26,69-75). Bach ging also durchaus frei mit den biblischen Textvorlagen um, um die gewünschten dramaturgischen Effekte zu erzielen.
Rezitativ, Und Hannas sandte ihn gebunden Arie, Ach, mein Sinn Choral, Petrus, der nicht denkt zurück
Arnold Schoenberg Chor
Concentus Musicus Wien
Dirigent: Nikolaus Harnoncourt
Tenor: Anthony Rolfe Johnson
Tenor: Franz Leitner
Bass: Anton Scharinger
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
Ein Text über Petrus, der über die Jahrhunderte oft vertont wurde, ist Mt 18,18–19: „Tu es Petrus“ – „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen…“. Diese Beauftragung des Petrus wurde seit der Gregorianik gesungen und viele große Komponisten haben den Text durch die Jahrhunderte zur Hand genommen und vertont. Drei Vertonungen sollen an dieser Stelle vorgestellt werden:
Giovanni Pierlugi da Palestrina (1525-1594) hat den Text als Motette für sechsstimmig gemischten Chor bearbeitet und die Motette für das Fest „Peter und Paul“ geschrieben. In zwei Strophen verarbeitet er die beiden Verse und nutzt die Motette später als Vorlage für eine ganze Messe unter dem Titel „Tu es Petrus“.
The Tallis Scholars
Dirigent: Peter Phillips
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
Um der A-cappella Chormusik zur Abwechslung einmal Orgelmusik zur Seite zu stellen, hier eine Vertonung von “Tu es Petrus” von Gabriel Fauré (1845-1924). Kurz und bündig hat er den Vers „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen“ für Orgel, Baritonsolo und gemischten Chor vertont. Die Orgel bereitet den Einsatz des Baritons vor, der das Thema („Tu es Petrus“) vorsingt, das vom Chor wiederholt wird. Danach führt der Solist, begleitet von der Orgel, den ganzen Vers weiter. Der Chor übernimmt und schmückt den Vers musikalisch aus.
Ensemble La Chapelle Du Quebec
Dirigent: Richard Duguay
Yolande Parent, Jean-François Lapointe, Luce Gaudreault, Nathalie Cloutier, Marcel Ducharme, Bernard Labadie, Richard Pare
Auch Franz Liszt (1811-1886) hat sich der Berufung des Petrus angenommen. Bei ihm ist das Stück, unter anderem, Teil seines zweiten Oratoriums „Christus“. Das dreiteilige Werk behandelt den Lebensweg Christi. Der erste Teil beschäftigt sich mit Texten rund um die Geburt Jesu. Der Zweite Teil, in dem auch der Text „Tu es Petrus“ vertont ist, behandelt das Leben und die Verkündigung Jesu, der dritte Teil die Passion und Auferstehung Jesu. Das Oratorium ist das größte Werk Liszts, das ihn auch am längsten beschäftigt hat. Gute 14 Jahre arbeitete er daran. Im zweiten Teil kommt unter dem Titel „Gründung der Kirche“ der Hymnus „Tu es Petrus“ vor. Liszt hat insgesamt 6 Vertonungen dieses Hymnus‘ geschrieben. Die erste Fassung komponierte er für den Papst, anlässlich des Festes „Peter und Paul“. Sie wurde 1863 auch in Rom aufgeführt. Liszt hat die Vertonung des Hymnus‘ öfters überarbeitet und verschiedene Versionen geschrieben. Am verbreitetsten ist eine Version für Chor und Orgel.
Liszt verwendet für seinen Hymnus nicht nur den Text aus Mt 18,17-18. Nachdem er damit das Stück majestätisch und mächtig beginnen lässt, folgt im zweiten Teil ein kompletter Stimmungswechsel und ein viel freundlicher klingender Text aus dem Johannesevangelium (Joh 21,16): Die Frage Jesu: „Simon, Sohn des Johannes, liebst Du mich?“ und die damit verbundene Aufforderung: „Weide meine Schafe“. Liszt fügt diesem Abschnitt auch noch eine kurze Passage aus dem Lukasevangelium hinzu (Lk 22,32): „Stärke Deine Brüder“. Offenbar wollte er damit den Papst daran erinnern, dass schon Petrus, der „erste Papst“, nicht alleine, sondern nur gemeinsam mit seinen Brüdern stark genug war, um die Kirche zu führen.
Regensburger Domspatzen
Dirigent: Roland Büchner
Orgel: Franz Josef Stoiber
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
Paulus:
Eines der bekanntesten und ausführlichsten Werke, die von Paulus handeln, ist das Oratorium „Paulus“ von Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809-1047). Das Libretto des zweiteiligen Oratoriums besteht hauptsächlich aus Texten der Apostelgeschichte. Immer wieder verwendet Mendelssohn auch längere Ausschnitte aus Psalmtexten oder einzelne Verse aus dem Buch Jesaja. Im zweiten Teil des Oratoriums finden sich dann auch Textausschnitte aus einzelnen Paulusbriefen. Die Choräle entstammen teilweise dem Evangelischen Gesangsbuch.
Das Oratorium behandelt zuerst die Ermordung des Stephanus, bei der Saulus anwesend ist. Danach wird das Bekehrungserlebnis vor den Toren von Damaskus erzählt, bevor der zweite Teil des Oratoriums das missionarische Leben des Paulus und die damit verbundenen Herausforderungen bis zu seinem Tod behandelt.
Mendelssohn orientiert sich in der Gestaltung seines Oratoriums an Bach. Den Chor lässt er zum Beispiel einerseits in Turba-Chören aktiv am Geschehen teilnehmen, andererseits in Choralsätzen das Geschehen reflektieren. Einen theologisch mutigen Schritt hat Mendelssohn damit gesetzt, die Stimme Jesu, die vor Damaskus zu Saulus spricht, nicht von einem Bass, sondern von einem Frauenchor singen zu lassen.
Susan Gritton, Sopran
Jean Rigby, Mezzo-Sopran
Barry Banks, Tenor
Peter Coleman-Wright, basse
BBC National Chorus of Wales
BBC National Orchestra of Wales
Richard Hickox, Dirigent
Heinrich Schütz (1585-1672) behandelt in seiner Kantate „Saul, was verfolgst Du mich?“ auch das Bekehrungserlebnis des Paulus vor den Toren von Damaskus. Er basiert seine Kantate jedoch nicht auf dem Text der ersten Erzählung des Bekehrungserlebnisses in Apg 9,4, sondern auf den Worten der Erzählung des Paulus in Apg 26,14, also seiner Verteidigungsrede auf dem Aeropag. Sechs Solist*innen und ein Doppelchor stellen immer wieder die Frage, die Saulus aus dem Licht hört: „Saul, Saul, warum verfolgst Du mich?“. Wenn die Phrase das erste Mal von allen Solist*innen und dem Doppelchor gesungen wird, bekommt man möglicherweise einen kleinen Eindruck davon, wie überwältigend diese Stimme aus dem Himmel für Paulus geklungen haben muss.
Provided to YouTube by Universal Music Group
Schütz: Symphoniae Sacrae III, Op. 12 - No. 18, Saul, was verfolgst du mich, SWV 415 · Isabel Schicketanz · Ulrike Hofbauer · David Erler · Georg Poplutz · Felix Schwandtke · Dresdner Barockorchester · Dresdner Kammerchor · Hans-Christoph Rademann Schütz: Symphoniae Sacrae III, Op. 12 ℗ 2015 Carus
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
Z. Randall Stroope (*1953), ein zeitgenössischer amerikanischer Komponist, hat sich auch dem Bekehrungserlebnis des Paulus angenommen. Sein Stück „The conversion of Saul“ für Chor A-Cappella beginnt mit einem lateinischen, fast gesprochenen Chor („Caedite, vexate, ligate vinculis!” – „mordet, drohet, fesselt“, Worte, die dem Christ*innen verfolgenden Saulus in den Mund gelegt werden (vgl. Apg 9,1-2). Zwischendurch mischt sich schon immer wieder der Ruf „Saul“ in den fast fanatischen Sprechchor. Aus dem Sprechchor entwickelt sich dann ein sphärisch klingender Akkord, der das Licht symbolisieren soll, aus dem heraus die nächste Textzeile folgt: „Saul, Saul, why do you persecute me?“. Während zunächst die Bässe immer wieder noch sprechend die anfängliche Weigerung des Saulus anklingen lassen („vexate, Saul!), kommt dann der Bruch und der Weg in Paulus‘ neues Leben mit den Worten: “Turn darkness into light. Turn hatred into love. Bow down, Saul”.
University of Utah A-Capella Choir
Dirigent: Eric Schmidt
Der verwendete Bibeltext im Vergleich | ||||
|
Eva Puschautz